„Wir haben Glück, das Tor ist hier in diesem Kristallpalast. Du kannst durchgehen und du kannst deinen Vater treffen. Aber ich warne dich. Es ist ein gefährlicher Weg und es ist nicht sicher, dass du wieder zurückkommen kannst. Wer einmal dort drüben ist, vergisst manchmal dass es noch eine andere Welt gibt und bleibt für immer.
Dein Vater hat sich irgendwann mal entschieden, zu bleiben, weil es ihm dort besser ging als hier in deiner Welt. Auch dort ist das Leben für Sterbliche wie dich endlich und man kann getötet werden und aufgefressen oder erschlagen oder gefangen genommen und in einen tiefen Kerker gesperrt.
Wenn du bereit bist, für diesen Weg, dann will ich dir das Tor zeigen und erklären, wie du hinüber kommst.
Die Anderswelt ist in großer Gefahr. Bisher war sie eine Welt, wo alles Platz hatte: alle Wesen, die je in den Köpfen der Menschen entstanden sind – Elfen, Trolle, Hexen, Zwerge, Wichtel und viele mehr. Alle Wesen, die jemals in den Köpfen der Menschen entstanden sind. Uralte Wesen, die vor tausenden von Jahren geschaffen wurden, als Menschen ums Feuer saßen, während um sie herum in der Dunkelheit Tiger und Wölfe schlichen und sich wegen des Feuers nicht herantrauten.
Aber die Dunkelheit barg noch andere Gefahren. Sie machte den Menschen Angst und so entstanden grausamere und gefährlichere Wesen als Tiger und Wölfe in den Geschichten, die am Feuer erzählt wurden.
Menschenfressende Monster, die sich nachts heranschlichen, wenn das Feuer erloschen war und sich wehrlose Kinder holten. Wassermänner und Nymphen, die im Wasser wohnten und darauf warteten, dass ahnungslose Menschen nahe genug herankamen, um sie ins Wasser zu ziehen als Nahrung oder als Gefährten, weil es ihnen langweilig war, so allein im Teich.
Es entstanden Völker von kleinen Leuten, die im Wald wohnten und sich dagegen wehrten, dass die Menschen ihnen ihr Siedlungsgebiet streitig machten. Zwerge, die in den Bergen wohnten, dort nach Schätzen gruben und sehr findig darin waren. Elfenvölker, verwandt mit den kleinen Leuten aber mit Flügeln, den Menschen eher freundlich gesinnt, aber auch bei ihnen wusste man nie genau. Sie achteten auch sehr darauf, dass man ihren Lebensräumen nicht zu nahe kam.
Es entstanden Feen oder Hexen, manche fraßen kleine Kinder. Es gab aber auch gute Feen, die gerne Wünsche erfüllten. Nur wenn man sie nicht genügend respektierte, wurden sie zu bösen Feen und man wurde von ihnen verflucht.
Geschichten wurden erzählt von bösen und gefährlichen Wesen, die meist im Wald lauerten, im Wasser oder in dunklen Höhlen.
Als die Menschen begannen Häuser mit Kellern zu bauen, zogen die Monster auch dort ein.
Je mehr Geschichten erzählt wurden, umso mehr Wesen entstanden so. Götter und Teufel entstanden, weil man sich nicht nur vor dem Dunkel im Wald und der Höhle fürchtete, sondern auch vor den Gewalten der Natur, Regen, Sturm, Gewitter, Erdbeben, denen man schutzlos ausgeliefert war. Es mussten doch Götter sein, die die Welt erschaffen hatten und die Menschen darin. Und die Götter konnten dafür sorgen, dass man eine gute Jagd oder eine gute Ernte hatte oder nicht. Wenn man die Götter gnädig stimmen wollte, dann musste man das tun, von dem man glaubte, die Götter würden genau das erwarten. So entstanden unzählige Geschichten über Götter und deren Welten und was passiert, wenn man ihre Gesetze missachtet.
So entstanden tausende und Abertausende von Göttern, Fabelwesen und Geschichten die wirklich wurden, weil sie erzählt wurden.
Heute sitzen die Menschen ja in der Regel nicht mehr ums Lagerfeuer herum und hören dort erzählte Geschichten, sondern vor dem Fernseher oder im Kino oder vor ihrem Computer oder ihrem Smartphone. Und immer noch entstehen immer wieder neue Geschichten in Filmen, Videos, Comics neben denen in Büchern veröffentlichten Geschichten.
Nicht zu vergessen, die Geschichten, die sich jemand ausgedacht und aufgeschrieben aber noch nicht veröffentlicht hat. Auch diese Geschichten und die Figuren in ihnen werden wirklich und gehen ein in die unendliche Welt des Panmysterions.
Wenn eine neue Figur in einer Geschichte auftaucht, so wird sie wirklich, im Kopf des Erzählers und in den Köpfen der Zuhörer. Es entsteht eine neue Welt, eine Anderswelt, in der die Figuren und Geschichten lebendig sind und weiter existieren unabhängig von Erzählerin oder Zuhörer.
So gibt es ein unerschöpfliches Erbe der Menschheit, das sich seit zigtausend Jahren immer weiter entwickelt. Das ist das Panmysterion. In Panmysterion findest du alle Geschichten und alle Figuren, die jemals von Menschen erdacht wurden. Natürlich gibt es hier nicht nur eine Anderswelt sondern unzählig viele verschiedene Welten.
Die Welt, in der dein Vater sich aufhält ist die Welt der Elfen, Zwerge und Trolle. Und es gibt auch Menschen hier, Menschen, die in Geschichten über Elfen, Zwerge und Trolle mitspielten. Es gibt Bauern, Handwerker und Händler fast so wie in deiner Welt. Es gibt fahrende Leute, die herumreisen und auf Marktplätzen auftreten. Zu ihnen gehören Schauspieler, Gaukler und Clowns.
Dein Vater ist zu den Gauklern gegangen. Er war hier in deiner Welt ein Clown und so lag das nahe für ihn. Seit er dort ist, tauchen immer wieder Clowns in seiner Welt auf, verschiedene Clowns
*[[ Namen aufzählen]], die du auch kennst.
Neuerdings aber kommen auch Clowns, die gar nicht lustig sind, sondern gefährlich und bösartig. Sie sehen aus wie Clowns aber sie sind aus einer anderen Welt gekommen. Niemand weiß, wie das geschehen konnte. wahrscheinlich hat sich irgendjemand so eine Geschichte mit Gruselclowns ausgedacht und dann sind sie eben da.
Tarko, der König der Zwerge hat die Gruselclowns in seine Dienste genommen und mit ihrer Hilfe will er die Macht in der Anderswelt übernehmen. Er glaubt, dass der Dolch der Macht ihm dazu verhelfen wird, erst die Macht in der Anderswelt und dann auch in dieser, deiner Welt zu erreichen. Dein Vater, Ferdinand der Gaukler hat diesen Dolch versteckt und deshalb ist er in großer Gefahr.
Tarko hat mit seinen Gruselclowns schon große Teile der Anderswelt in seine Hand gebracht. Er lässt das Lachen verbieten, denn das Lachen ist das Einzige was ihm gefährlich werden kann. Lachen tötet die Furcht und durch das Erzeugen der Furcht kann er herrschen. Wenn er es geschafft hat, dass alle ihn fürchten und niemand mehr sich traut zu lachen, ist seine Herrschaft gesichert. Er ist kurz davor es zu schaffen, dann wird er die Anderswelt verlassen und in dieser, deiner Welt auch herrschen. Das ist sein Plan und er ist nahe dran.
Das Tor hat er schon in seine Hand gebracht und lässt es von seinen Schergen bewachen.
Wo ist eigentlich das hübsche Mädchen, das mit dir unterwegs ist? Sie sollte unbedingt mit dir gehen. Ihr werdet euch gegenseitig brauchen.“
Theo war erstmal sprachlos. Was Tara erzählte klang unglaublich, aber im Grunde war alles unglaublich, was er heute erlebte. Es ist wohl kein Traum dachte er, aber vielleicht doch, und er würde gleich oder irgendwann aufwachen.
„Das Tor ist im Untergeschoss des Kristallpalastes. Es wird von zwei von Tarkos Gruselclowns bewacht. Trotzdem darfst du dich nicht fürchten vor ihnen. Wer sich vor ihnen fürchtet, über den haben sie Macht und sie werden dich nicht durchlassen. So und nun los. Auf zum Tor.“
Tara stand auf und schob ihn aus dem Zelt heraus. Draußen sah er Lotta. Sie kam direkt auf ihn zu, als sie ihn erblickte.
„Wo warst du die ganze Zeit? Ich habe dich überall gesucht. Etwa bei dieser Wahrsagerin? Und wie sieht deine Zukunft aus?“
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