Theo war immer noch verwirrt. Er wollte und musste durch das Tor gehen. Aber er wollte Lotta auf keinen Fall mitnehmen. Das war seine Sache, das war sein Vater und er musste das alleine erledigen.

„Alles gut. Du solltest jetzt gehen. ich habe noch was zu erledigen. Wir sehen uns dann später vielleicht noch mal.“

„Du spinnst wohl, Theo. Du glaubst doch wohl nicht im Ernst, dass ich dich jetzt alleine weiter gehen lasse in diese Anderswelt oder was immer das ist? Ich gehe mit und Basta!“

„Gut, überleg es dir. Es könnte sehr gefährlich werden und ich habe keine Ahnung, wie man wieder zurückkommt.“

„Mach dir nicht ins Hemd. Das wird schon gut gehen. Ist doch ein tolles Abenteuer. Komm schon, komm schon, wo ist denn dieser Übergang?“

„Wir müssen ins Untergeschoss. Da muss es irgendwo sein.“

Im hinteren Teil der Haupthalle fanden sie den Eingang zum Untergeschoss. Er war versperrt durch ein dickes rotes Tau, das zwischen zwei goldenen Ständern hing. Am Tau hing ein Schild mit der Aufschrift: „ Kein Zutritt für Unbefugte!“

Von Wärtern oder Clowns, die den Eingang bewachen würden, war nichts zu sehen.
Lotta, die die ganze Zeit ihr Skateboard unter dem Arm trug, blickte einmal kurz nach rechts und links und schlüpfte schnell unter dem Seil durch und lief die Treppe hinunter. Theo atmete einmal tief durch und machte es ihr nach.

Nach etwa 30 Stufen machte die Treppe eine Wende und es ging noch tiefer abwärts. Dann wieder eine Wende und noch tiefer. Auf dem letzten Treppenabsatz stand ein Mörteleimer und Maurerwerkzeug, die Wände waren frisch verputzt. Eine Schubkarre stand noch dort und ein Gerüstbrett war über die letzten Treppenstufen gelegt, damit man darauf die Schubkarre rauf und runter schieben konnte. Erst jetzt fiel Theo auf, dass alle Treppen mit solch einem Brett versehen waren.

Nach dem dritten Absatz öffnete sich vor ihnen ein langer schmaler Gang ohne Türen und Fenster spärlich beleuchtet von einigen wenigen Neonröhren an der Decke von denen eine ständig flackerte. Baumaterial, Gerüstteile standen und lagen herum. An die Wand gelehnt standen Gerüstbretter. Der Boden, die Wände, die Decke war mit einer tristen grauen Farbe gestrichen, die an vielen Stellen abblätterte.

Am Ende des Ganges war tatsächlich eine Tür, eine große zweiflügelige Stahltür die geschlossen war. Vor der Tür saßen zwei Clowns, die Beine ausgestreckt angelehnt an die Tür. Das musste das Tor zur Anderswelt sein.

Es war bewacht von zwei Clowns, wie es Tara gesagt hatte und das Gute war, die beiden schliefen. Das Schlechte war, dass sie mit ihren Körpern die Tür versperrten. Tara hätte ihm ruhig ein paar Tipps mehr geben können. Was sollte das heißen: „Fürchte dich nicht vor ihnen!“? Die beiden schliefen und sahen überhaupt nicht furchterregend aus, mit roten Nasen, das Gesicht weiß geschminkt und riesigen rotgeschminkten Mündern. Sie trugen bunte Kleidung, rote Perücken, zu große Schuhe, sahen einfach aus wie ganz normale Clowns.
Lotta flüsterte: „ und was jetzt? Wir müssen sie irgendwie da wegziehen und zwar so, dass sie nicht aufwachen.“

Aber offensichtlich hatten die beiden Clowns sehr gute Ohren. Sie öffneten beide gleichzeitig die Augen, sprangen auf die Füße und standen nun in ganzer Größe vor ihnen und blickten auf sie hinunter. Sie waren etwa zwei Köpfe größer als Lotta und Theo und um einiges breiter.

Sie sahen beide identisch aus und sprachen auch gleichzeitig im Chor:
„Wen haben wir denn da? Zwei hübsche Menschenkinder! So ganz alleine hier? Haben wir uns etwa verlaufen?“

Während sie sprachen entblößten sie ihre großen spitzen Zähne zu einem breiten Grinsen. Theo rutschte das Herz in die Hose und spürte nun doch die Angst, vor der ihn Tara gewarnt hatte.

Lotta ließ ihr Skateboard fallen, sprang darauf und rollte zurück in Richtung Treppe. Die beiden Clowns stießen Theo zur Seite und rannten laut schreiend hinter ihr her. Theo musste schnell handeln. Was sollte er tun? Hinter her rennen? Dann waren die Clowns zwischen ihm und Lotte beziehungsweise der Treppe nach oben. Die Tür öffnen und durchgehen, dann würde er Lotta mit den beiden Horrorclowns alleine lassen.

Lotta war inzwischen wieder an der Treppe angekommen, nahm ihr Skateboard unter den Arm und rannte die Stufen hoch. Am ersten Absatz angekommen, drehte sie um, sprang auf ihr Board und rollte das Brett hinunter. Die beiden Clowns waren inzwischen an der Treppe angekommen, wollten nach oben hinter Lotta her, sahen dann Lotta auf sich zu rasen und stolperten beide die Treppe hoch und fielen über einander. Lotta machte noch einen Sprung über die Beiden, und war schon unten, flitzte durch den Gang auf Theo und das Tor zu.
„Mach auf, mach das Tor auf, los schnell!“

Theo löste sich aus seiner Starre drehte sich um, was war wenn die Tür abgeschlossen war? Er drückte die Klinke hinunter, die Tür öffnete sich ohne Widerstand, Lotta sauste auf ihrem Board an ihm vorbei und ihm blieb nichts anderes übrig, als ihr zu folgen. Einen Augenblick lang fühlte er, wie sein Herz stillstand – und dann war alles Licht.

Hinter sich hörte er, wie die Tür wieder zufiel.


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert